Interview mit Janina Mütze, Civey Künstliche Intelligenz revolutioniert die Marktforschung

Wo kann Künstliche Intelligenz in der Marktforschung helfen? Gibt es Schattenseiten und wenn ja, welche? Und was muss Deutschland tun, um den Anschluss an China und die USA nicht zu verpassen? Diese und weitere Fragen beantwortet uns Janina Mütze von Civey im Interview.

succeet: Frau Mütze, mit Blick auf künstliche Intelligenz sprechen Sie von “Marktforschung reloaded” – was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Veränderungen durch KI?

Was unsere Branche anbelangt: KI kann uns, wenn sie richtig angewendet wird, in zahlreichen Instanzen Arbeit abnehmen, uns effizienter machen und das Nutzererlebnis verbessern. Zum Beispiel kann KI uns helfen, Fragen zu formulieren oder Textantworten auf offene Fragen zu clustern. Es ist im Übrigen nicht das erste Mal, dass die Digitalisierung dabei hilft, die Demoskopie so zu gestalten, dass weiterhin genügend Menschen aus unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft ihre Meinung zu gesellschaftspolitischen Debatten beitragen – das war nämlich mit dem Umstieg vom Telefon auf Online-Umfragen auch schon der Fall.

succeet: Und wo sind Ihrer Meinung nach die Schattenseiten bei der Verwendung von KI?

Die KI ist am Ende nur so gut, wie die Daten, mit denen sie gefüttert wurde. Diese Daten werden wiederum von Menschen ausgewählt und bereinigt. Somit besteht immer die Gefahr, dass sie einen Bias enthalten. Ich denke, mit einem gemeinsamen KI-Rahmen in der Branche ließen sich einige Risiken eindämmen. Denn je häufiger beispielsweise Fragen mithilfe von KI formuliert werden, desto notwendiger werden Transparenzregelungen und  einheitliche Standards.

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succeet: Wird KI die Arbeit von Demoskopen eines Tages ersetzen können?

Im Gegenteil, wir werden mehr Zeit dafür haben, die Daten und Zusammenhänge für unsere Kunden einzuordnen und sie bei den richtigen Schlussfolgerungen zu beraten. KI ist im Arbeitskontext viel mehr als eine Ergänzung zum herkömmlichen Arbeitsalltag zu verstehen – da geht es uns nicht anders als dem Großteil der Erwerbstätigen in vielen anderen Branchen auch, wie wir in einer gemeinsamen ChatGPT-Studie mit der Universität Duisburg-Essen herausgefunden haben. Ich bin sogar der Überzeugung, dass die Verbreitung von KI die gesellschaftliche Relevanz unserer Branche eher noch steigern wird.

succeet: Inwiefern?

Durch KI können Fake News viel leichter produziert und verbreitet werden. Je stärker der Einfluss von KI auf Diskurse und öffentliche Meinungsbildung wird, desto notwendiger wird eine Gegeninstanz, die für Fakten sorgt. An dieser Stelle kommt der Demoskopie eine wichtige Rolle zu, denn sie kann Falschinformationen wichtige Tatsachen entgegensetzen.

succeet: Wie nutzten Sie Künstliche Intelligenz bei Civey?

Wir verbessern damit zum Beispiel das Nutzererlebnis – vom Registrierungsprozess bis zur Auswahl von Umfragen.  Etwa, indem wir überflüssige oder sich wiederholende Abfragen verhindern. Dadurch ermöglichen wir unseren Kund:innen zugleich eine noch schnellere Auslieferung der Ergebnisse ihrer Umfragen. Auch in der Softwareentwicklung greifen wir zum Teil auf KI zurück. Und bald wollen wir auch die Analyse von Freitextumfragen mithilfe von künstlicher Intelligenz automatisieren.

succeet: Das Rennen um die KI-Führung wird immer zwischen China und den USA gesehen. Wie kann es Deutschland gelingen, den Anschluss nicht zu verpassen?

Es kommt darauf an, dass wir alle versuchen, die Technologie rund um KI besser zu verstehen. Hierfür sollte man aus meiner Sicht bereits in der Schule ansetzen und Fragen rund um KI als festen Bestandteil des Lehrplans diskutieren. Und wir sollten uns gegenseitig nichts vormachen, sondern offen und ehrlich über Wissenslücken, Ängste und Wünsche miteinander sprechen. Denn vieles von dem, was für uns heute noch selbstverständlich ist, wird die Technologie verändern – dabei will ich nicht nur zusehen.

 

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